Vielleicht wird sich in 10 Jahren in einschlägigen China-Reiseführern folgendes finden:
“Dali 大理, die idyllisch in 2000 Meter Höhe am Er-Hu See gelegene ehemalige Hauptstadt des Nanzhao Reiches in Chinas südlicher Yunnan Provinz, ist schon immer ein Paradies für Gourmets. In den Straßen findet man viele kleine und mittlere Lokale, die in Punkto Frische miteinander konkurrieren, deshalb werden das Gemüse, die Fische, Pilze und Kräuter vor dem Laden optisch wirkungsvoll ausgestellt und der des Chinesischen Unkundige ist hier in der Lage seine Bestellung zu machen. Auch wenn das Dali-Bier etwas zu wässrig ist, lohnt es sich lokale Fruchtweine und angesetzte Schnäpse zu probieren, eine lokale Besonderheit ist der regionale Eierlikör, dort auch „Ai Li“ (爱俪) genannt. Die phonetische Verwandtschaft zum deutschen Ursprungsprodukt ist zu erkennen, aber wie der deutsche Eierlikör seinen Weg in die südchinesische Provinz fand, konnten wir nicht herausbekommen.”
Die Antwort ist jedoch ganz einfach: Ich wars! Ich hab den Eierlikör in Dali eingeführt, eigentlich als kleiner Scherz, aber die Idee fand sofort Anhänger und meine Freundin Meili, die hier in Dali Fruchtwein produziert, hatte schon Bestellungen für 5 Literflaschen Eierlikör, nachdem wir nur eine kleine Portion für einen Abend und ein paar Freunde produziert hatten…….
Doch nun der Reihe nach. Fangen wir mit der Stadt Dali an, die im Süden von China, auf 2007 Metern Höhe am Er-Hu See liegt. Die ganze Umgebung von Dali ist ein Paradies, es gibt hohe Berge, klare Seen, grüne Hochebenen. Das Klima ist das Beste im ganzen Land. Im Sommer ist es wegen der Höhe nicht sehr heiß, selten nähern sich die Temperaturen der 30 Grad Marke, wegen der Berge rundherum ist der Monsuneinfluss gering, es regnet dann manchmal 30 Minuten und dann kommt die Sonne wieder raus. Und im Winter ist es nicht zu kalt. Auf den Bergen rundherum kann es schon einmal schneien, aber nicht in Dali. Ein Jahr und vier grüne Jahreszeiten! Und auf den Märkten findet man mehr, als das Herz begehrt. In dem üppigen Klima wächst wirklich alles, was China hervorzubringen hat. Zu allem Überfluss auch noch Obst, dass man in diesen südlichen Gefilden nicht erwartet, wir Äpfel, Birnen und Pflaumen. Vor allem im Herbst werden überall Pilze angeboten, um manche Sorten würde ich Deutschland lieber einen großen Bogen schlagen, so giftig sehen sie aus. Aber wer verkauft schon drei Gaststätten hintereinander gut sortierte und sauber gewaschene Knollenblätterpilze in großer Menge. Also kann man sich durchprobieren, aber es ist immer ein guter Tipp, vorher nach dem Preis zu fragen, denn einige Sorten schlagen mit einem Pfundpreis um die 100 Yuan (12 €) doch schon gut zu Buche.
Auch ansonsten hat Dali alles zu bieten, was man sich nur wünschen kann. Wegen des Klimas und anderer Annehmlichkeiten haben sich hier einige Ausländer niedergelassen und betreiben nun natürlich Bäckereien, Cafes und Kneipen. Auch Chinesen, des Alltages in den Metropolen überdrüssig vervollständigen das Bild und stellen Kunsthandwerk her oder betreiben auch halt eine Bar oder Kneipe.
Ähnlich hat es eine alte Bekannte von mir gemacht. Meili kommt eigentlich aus Hangzhou 杭州 und ist Innenarchitektin und Innenausstatterin für neureiche Chinesen ohne Geschmack. Damit hat sie eine Weile recht ordentlich Geld verdient und fand den Job dann etwas stressig.
Deshalb hat sie sich vor zwei Jahren in Dali niedergelassen, einen idyllischen Wohnhof gekauft und angefangen dort Fruchtweine zu produzieren, natürlich biologisch-dynamisch.
Dort war ich nun drei Tage zu Gast und durfte mich durch die Regale probieren, während in einem kühlen Raum die großen Töpfe mit den angesetzten Weinen vor sich hin blubbern. Ziemlich lecker war es Bananenwein, Mangowein, wilden Bergapfelwein, Pflaumenwein, Erdbeerwein, Birnenwein und Wein-Wein zu probieren. Eigentlich hatte ich schwere Süße erwartet und mich auf ebenso Schwere Kopfschmerzen mit einer Packung Aspirin vorbereitet, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Bei den meisten Weinen setzte Meili keinen Zucker vor der Gärung zu (und nach der Gärung schon gar nicht), so dass das Ergebnis nicht süßer als ein trockener bis halbtrockener Weißwein ist. Meine Favoriten waren Pflaume und Banane und Ananas. Auch an richtigen Wein hat sich Meili schon herangewagt, aber das fehlt ihr die Technologie, Holzfässer und die entsprechenden Lagerbedingungen, um ihren Weinwein richtige ausbauen zu können. Dafür läuft ihr Geschäft mit den Fruchtweinen recht ordentlich, von den 400 Flaschen, die sie im letzten Jahr produziert hat, ist so gut wie Nichts mehr übrig, ein Teil wird von anderen Läden in Dali vertrieben, ebenso gibt es eine Bar in Canton und eine in Shanghai und eine in Hangzhou, die den „Four Leaves“ Fruchtwein von Meili im Angebot haben.
Am zweiten Tag unter leichtem, aber permanentem Alkoholeinfluss sollte es in Dali einen kleinen Verkaufsmarkt der Exilgemeinde in Dali geben, mit anschließender Musik und Freibier. Meili will natürlich dort auch einen Stand mit ihrem Fruchtwein und fragt mich, ob ich nicht noch eine gute Idee für irgendetwas Neues habe, was wir mitbringen könnten. Wir produzieren etwas Eierlikör war meine Idee, auch wenn ich das vorher noch nie gemacht habe, ganz unerfahren bin ich aber nicht, ich habe bei meiner guten Freundin Katrin in Dräsden (deutsch: Dresden) schon Eier aufgeschlagen und zugesehen, also kein wirklich großes Problem. Das wirklich große Problem sind die chinesischen Eier, die gut salmonellenverseucht sein sollen. Der kanadisch-chinesische Bäcker gibt uns den Tipp das Eigelb fünf Minuten bei 68 Grad zu sterilisieren und das haben wir dann auch gemacht. Vielleicht sollte man das auch in Deutschland tun, vor allem wenn man keine Bioeier verwenden will.
Auf dem Markt haben wir dann 25 Eier besorgt, im Supermarkt einem Liter Milch, Zucker hat Meili ausreichend im Hause. Bei der Spritauswahl wird es etwas schwerer, die meisten Schnäpse in China sind auf Gaoliang 高粱 Basis ( Rote Hirse) und haben einen, zumindest für mich, üblen Nachgeschmack, wir finden aber einen Mischbrand aus Mais (玉米)und Weizen Mai(小麦) mit immerhin 52% Alkohol. Auf meinen Vorschlag hin, nehmen wir noch ein Bund frischer Minze 薄荷mit und auf Meilis Antrag wandern 6 Limetten in den Einkaufsbeutel und dann machen wir uns an die Arbeit.
Das sterilisieren der Eier ist harte Arbeit, wenn man keinen Mixer hat, sondern nur einen Rührbesen. Während ich meine Handmuskulatur trainiere, hält Meili das Thermometer ins schaumig gerührte Eigelb (plus die Hälfte des Zuckers), das wir im Heißwasserbad erhitzen. Es dauert elendig lange bis die 68 Grad erreicht sind, die halten wir dann noch eine gefühlte Ewigkeit. Vor allem habe ich Angst, dass unsere Eiermasse zu heiß wird und beginnt zu gerinnen, tut sie aber nicht bei wirklich genau 68 Grad.
Damit ist die Hauptarbeit getan und das Eigelb schön cremig-schaumig. Die erhitzte Milch (mit der anderen Hälfte des Zuckers) ist auch schon wieder abgekühlt und wir stopfen die Minze mit etwas Milch in den Mixer. In einer großen Schüssel rühre ich nun alles zusammen, gebe systematisch den Brand hinzu, die Minze gibt dem Eierlikör einen sehr angenehmen Beigeschmack und entgegen meiner Befürchtungen, dass die Milch gerinnt, lässt sich der Limettensaft mit etwas Feingefühl gut untermischen. Die Gewichtsanteile von Zucker, Milch und Brand kann man sehr flexibel halten und „seinen“ Eierlikör den eigenen Bedürfnissen anpassen, was Süße, Konsistenz und Alkoholgehalt angeht. Final noch einmal alles gut durchrühren, auf Flasche ziehen und ab damit in den Kühlschrank. Dort hält sich das Zeug ohne Probleme einige Wochen, oder doch wohl eher nicht, weil es einfach zu lecker ist.
Eierlikör ( für ca. 2,5 Liter)
12 bis 15 Eigelb
1 Liter Milch oder Sahne
500 bis 600 Gramm Zucker
0,5 bis 0,7 Liter Weizenbrand
1 Bund Minze
Saft von drei bis vier Limetten
Das fanden auch die Chinesen; Männer wir Frauen mochten den von uns schnell noch „Ai Li Jiu“ 爱俪酒 getauften Likör, zwei Liter haben wir am Abend ausgegeben, der Wein von Meili ging dabei etwas unter und Meili bekam Bestellungen für 5 weiter Flaschen des Eierlikörs. Meili war nicht sauer, dass ich ihr mit meinem Eierlikör die Show geklaut hatte, dafür will sie das Zeug jetzt in ihr Programm aufnehmen und das ist auch die Geschichte, wie der Eierlikör nach Dali kam.
Thanks a lot you transport “Eierlikor” to China, a lot of people like it, all the product you made in Dali has been sold out…i would like put the income of “Aili” to help Pandora…a good idea is maybe you would like make it more then sell it for help Pandora…:-)
Noch spezieller wird der Eierlikör, wenn man ihn mit Wachteleiern herstellt.
Für die Produktion verwendet Imelda Schmid frische Eier aus ihrer Zucht (biologisch, regelmässig geprüft).
Auf Chinesisch, in pinyin, heissen die Zuchtwachteln An Chun, in Schriftzeichen kenne ich den Namen leider der “Coturnix japonica” leider nicht.
Die ganzen Eier werden für den Likör aus dem Engadin im Alkohol aufgelöst – das braucht natürlich einige Tage Zeit.