Jiaotze in Berlin-
Berlins wohl einziges Restaurant für traditionelle nordchinesische Maultaschen
Zu Besuch in Frau Wangs Lokal WOK SHOW in der Greifenhagener Straße 31
Am Rande vom Prenzlauer Berg, wo der Prenzlauer Berg schon fast nicht mehr Prenzlauer Berg ist, am nördlichen Ende der Greifenhagener Straße gibt es ein kleines Chinarestaurant namens “Wok Show”, welches aus doppelter Sicht recht bemerkenswert ist.
Da ist einmal die Spezialisierung auf Jiaotze, gefüllte Teigtaschen, in einer der populärsten Varianten als 北方水饺. Also in Wasser gekochte chinesische Teigtaschen. Ein Blick aufs Menü zeigt sofort, dass hier keine Tiefkühlware serviert wird!……
Es gibt angenehm viele Sorten, den Klassiker mit Schweinefleisch und Chinakohl, aber auch Lammfleischfüllungen, oder welche mit Shrimps und natürlich auch vegetarische Jiaotze mit Ei und chinesischem Schnittlauch gefüllt. Alle Jiaotze kann man gekocht bekommen oder aber gebraten, dass sie dann eigentlich nicht mehr Jiaotze heißen braucht den Kunden nicht zu interessieren, aber auch die Guo-tie, denn so heißen die Teile nun, sind mehr als lecker. Das hat sich rumgesprochen und so wurde das Lokal von der “Prinz” in den letzten beiden Jahren als eines der “Top Locations” in unserer Stadt gelistet und auch die “Zitty” zeigte sich vor zwei Jahren positiv überrascht.
Hier im kleinen Lokal mit den nur zwei kleinen Gasträumen steht Frau Wang, die Chefin und eine Mitarbeiterin selbst in der Küche, knetet den Teig, rollt ihn und schneidet ihn in gleiche Stückchen, die dann rund ausgerollt und mit verschiedenen Füllungen, vegetarisch oder mit Fleisch, gefüllt werden. Das geht flink mit chinesischen Fingern, meine Versuche scheitern zwar inzwischen nicht mehr kläglich, aber bei Frau Wang gleicht eine Maultasche der anderen und alles geht unglaublich schnell. Eine Bekannte hilft ab und zu aus. Die Füllungen macht mein Mann, sagt Frau Wang, er ist der Künstler. Die Chefin im Laden sei sie aber, betont sie noch einmal nachdrücklich.
Ihr Mann ist der Künstler- und auch das ist bemerkenswert in diesem Chinarestaurant, man wird vergeblich nach dickbauchigen Buddhastatuen, ins Möbel geschnitzte Drachen, einer Wackelkatze oder einem Leuchtbild mit romantischer Karstkegel-Guilin-Landschaft suchen. Dafür stolpert man auf dem Weg zur Toilette über eine Staffelei und halbfertige Leinwände. In einem der beiden Gasträume hängen die Werke Herr Wangs. Ein tibetisches Paar in Öl, ebenso wie eine rassische Schönheit mit freier Schulter und immer wieder ein wunderschönes chinesisches Mädchens, welches es Herrn Wang offensichtlich angetan hat. Die habe mal bei uns in der Küche gearbeitet, erklärt Frau Wang, ihr Mann übernehme das Malen und sie schmeiße den Laden, dabei habe sie in China früher als Modedesignerin gearbeitet, aber das sei schon eine Weile her. Herr Wang hat auch den ganzen Laden gestaltet, inklusive des großen Wandbildes mit den alten Häusern und Brücken der Stadt Suzhou, dem Venedig Chinas, welches sich nur 100 km westlich von Shanghai befindet.
Die Familie Wang kommt allerdings aus Tianjin, einer Millionenstadt, vielleicht 200 Kilometer südöstlich von Beijing gelegen. Bekannt ist die Stadt auch für ihre Teigtaschen, aber nicht für die, welche Frau Wang verkauft, also die Jiaotze, sondern für Baotze, das sind auch gefüllte Teigtschen, aber mit Hefeteig. Warum sie dann hier einen Jiaotze-Laden aufgemacht hat und keinen Baotzeladen, wenn sie denn aus Tiajin stammt, frage ich natürlich neugierig. Die Antwort ist einfach und pragmatisch: Jiaotze lässt sich einfacher und scheller machen und man kann sie auch mal ein paar Tage im Tiefkühler aufbewahren, bei Baotze ist das schwieriger. Manchmal machen sie auch Baotz, aber zum selbst essen. Außerdem essen die Deutschen lieber Jiaotze als Baotze. Dem kann ich nur zustimmen, das kenne ich von meinen Mitreisenden, ich bin da eher indifferent, eine gute Baotze ist immer eine tolle Frühstücksoption im Reich der Mitte, wenn man keine Lust auf einen dünnen Brei aus Reis oder Bohnen hat, der mit eingelegtem Salzgemüse gegessen wird.
Doch zurück zu Frau Wang und ihrer Jiaotze. Im Laden wird alles frisch gemacht, täglich frische Füllung, täglich frische Teigtaschen schon seit 2007. Damit war das Wok Show Restaurant das erste richtige Jiaotze Guan auf deutschem Boden, zumindest aber hier in Berlin. Verändert hat sich dabei nicht viel. Man findet in einigen Restaurants zwar Jiaotze mit auf der Karte, aber eher als Vorspeise. Und in China ist Jiaotze keine Vorspeise, sondern ein richtiges Essen, vor allem im Norden, im Süden vielleicht nicht so, räumt Frau Wang ein.
Mich interessiert, ob die Famile Wang denn selbst auch noch Jiaotze isst; ja, natürlich ist die Antwort, aber nicht jeden Tag, das wäre dann doch zu langweilig. Und natürlich immer zum Frühlingsfest und das ist Tradition. Immer am (chinesischen) Silversterabend in der Nacht zum neuen Jahr sitzt die Familie und macht zusammen Jiotze und ist diese dann gemeinsam. Und das ist im ganzen Norden Chinas so.
Das in den Laden Frau Wangs die chinesische Kommune Berlins regelmäßig erscheint und auch Sinologen und Sinologiestudenten hier öfter herkommen liegt daran, dass die Jiaotze auch authentisch schmeckt und sich auch der Rest der Speisen deutlich von anderen Chinarestaurants absetzt. Die Chinesen, die in Deutschland ein Restaurant betreiben meinen, die Deutschen können kein richtiges chinesisches Essen vertrtagen und wollen angeblich nur Süß-sauer. Deshalb machen die (viele andere Restaurants) immer die gleiche klebrige Soße und dann mit Schwein oder Huhn oder Ente. So langweilig und ohne Ideen!
Als sie nach Deutschland kam und hier die berühmte “Sauer-scharf Suppe” auf der Karte fand, fragte sie sich, was das sein solle. Kommt vielleicht aus Südchina, dachte sie, aber auch eine kantonesische Freundin weigert sich diesem schleimigen Machwerk der deutschen Chinaesskultur einen chinesischen Ursprung zu geben. Natürlich spreche ich Frau Wang darauf an, dass sie ja auch ein “Beijing-Suppe” im Programm habe, die es in Beijing nicht gibt. Ja, lächelt sie charmant zurück, diese Suppe hat meine Mutter zu Hause immer gekocht und man muss ihr ja einen Namen geben.
Zum Schluss will ich eigentlich noch eine schöne chinesische Geschichte zur Jiaotze hören, aber die Kundschaft ruft schon wieder nach Frau Wang: “Musst Du im Internet suchen!” lacht sie mich an und serviert mir einen großen Teller mit den Guo Tie, also der gebratenen Variante ihrer Jiaotze und die Geschichte zur Jiaotze, die hebe ich mir für ein anderes Mal auf.
Restaurant WOK SHOW
Greifenhagener Straße 31
10437 Berlin
030- 439 11 857
MO bis MI : 17.00 – 22.30
DO bis SO : 12.30 – 22.30
Die Jiaozi sind geil, das chinesische Essen leider ziemlich ekelhaft!
1) es gibt KEINE weizenfreie maultaschen, reismehl also leider nein
2) wird zwar hausgemacht, aber dann tiefgefroren. also nicht “frisch”
3) das lokal ist seltsam und weniger heimelig
besserer tipp, 10minuten entfernt: LECKER SONG (schliemannstr. 19, 10437), da gibts auch maultaschen aus reismehl und das ambiente ist VIEL netter. geschmack ist 1A, auch der tee wird original serviert. es gibt einige vorspeisen, sonst eben ausschließlich maultaschen.